26.04.2022 (früher Nachmittag)

Ihr Lieben

Da bin ich wieder.

Das Wochenende habe ich mehr oder weniger in der Horizontalen verbracht, habe mir Hörbücher und Podcasts reingezogen und so die Grippe ausgeschlafen. Dabei versuchte ich zu verdrängen, dass ich eigentlich enorm unter Stress stand: Der Jahresbericht des Vereins Give a Hand.ch hätte nämlich bereits am 13. April zu Handen der Präsidentin eingereicht werden müssen, und für Dienstag hatten wir uns zum Verpacken des Versands verabredet.

Ach ihr Lieben! Da war er wieder durchgebrochen, mein unbelehrbarer Prokrastinationszwang! Dabei fühle ich mich eigentlich doch schon lange viel zu alt für diese Aufschieberitis, die bei mir im wahrsten Sinne des Wortes bis 5 vor zwölf anhält.

Regelmässig befällt sie mich, diese Aufschieberei, und vor allen Dingen dann, wenn ich etwas Wichtiges abliefern sollte. Vor jeder Eingabe am Bundesverwaltungsgericht, vor jedem Jahresbericht, vor jeder Präsentation. Kurz: Immer dann, wenn etwas davon abhängt oder wenn es darum ginge, mich selbst gut zu verkaufen.

Wie oft habe ich mich schon zu überlisten versucht, indem ich mir auf meiner To do-Liste selbst künstliche Deadlines gesetzt habe. Aber das funktioniert nicht, denn dann sitze ich vor dem Computer und weiss nicht, was ich schreiben soll. Es scheint, als ob ich mich einfach selbst zu gut durchschaute…

So war es denn auch dieses Mal wie immer: Kaum mehr Schlaf, Magenschmerzen, das Wissen darum, dass ich grade wieder dabei war, meine Vorstandsmitglieder in den Wahnsinn zu treiben.

Und wie immer hat es dann doch noch geklappt! Gestern Morgen stand ich um sieben Uhr auf, trank meinen Kaffee und setzte mich dann an den Schreibtisch. Zwischen acht und ein Uhr produzierte ich dann meinen 21seitigen Schwerpunktbericht zur Lage am Horn von Afrika. Dabei hatte ich, als ich mich hinsetzte, noch keine Ahnung gehabt, wie das Ganze aussehen sollte. Doch während des Schreibens kamen die Ideen von selbst, der Aufbau des Berichts lag klar vor mir und die Unterlagen und Quellen, die ich zur Fertigstellung benötigte, fand ich auf Anhieb.

Danach am Nachmittag ins Büro, Redaktion und Layout mit meiner Mitarbeiterin, dazu unsere arme Vereinspräsidentin, die verständlicherweise zu rotieren begann. Erst ein ausgedehnter Abendspaziergang mit Oak im strömenden Regen brachte mich dann wieder etwas runter – zusammen mit einem ausgesprochen erhellenden Podcast von „ist das normal? – dem Sexpodcast der Zeit“.

Ja, meine Lieben! Ich höre mir auch solche Sachen an. Gestern ging es aber nur am Rande um Sex. Der Leiter einer psychiatrischen Klinik sprach vielmehr über ein Phänomen, das mir irgendwie ziemlich bekannt vorkommt: Burn on.

Im Gegensatz zum Burn out, das sich in einer chronischen Erschöpfungsdepression mit langer Behandlungs- und Rekonvaleszenzzeit manifestiert, ist das Burn on der  ständige Tanz kurz vor dem Ausbrennen. Burn on manifestiere sich darin, dass man seinen Job und sein Leben eigentlich mag, jedoch ob des ganzen Mental Load kaum mehr zum Abschalten kommt. Ständig sei man gedanklich an To do-Listen dran, checke sein Handy auf Mails, und man finde auch in der Freizeit keine wirkliche Ruhe. Seine Patienten, so erzählte dieser Oberarzt, kämen völlig erschöpft in die Klinik, wo sie dann gleich damit anfingen, ihre Entspannung und ihre Freizeit zu optimieren. Power-Yoga und Gesangsstunden würden dann aufgegleist, anstatt dass sich die Erschöpften mal ausruhen würden. Es ist selbstredend, dass sich der ganze Wahnsinn auch auf das Sexleben der Betroffenen niederschlägt, doch in welcher Weise, das hört ihr besser selbst nach, indem ihr euch diese geniale Folge des Sexpodcasts selbst reinzieht:

https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fgesundheit%2Fzeit-doctor%2F2022-04%2Fburn-on-erschoepfung-stress-bert-te-wildt-sexpodcast

Jetzt sitze ich im Büro, der Versand ist gemacht. Eigentlich wollte ich danach heimgehen, um in Ruhe etwas zu essen und noch ein wenig mit Oak rauszugehen. Da aber bemerkte ich, dass ich – f*** Murph lässt grüssen ! – meinen Stock im Auto unseres Kassiers habe liegen lassen. Ohne den traue ich mich trotz Oak nicht nach Hause zu gehen, weswegen mir der Goldschatz von P. versprochen hat, nach dem Mittagessen wiederzukommen und mich plus Stock nach Hause zu bringen.

Und so habe ich die Zeit nun genutzt, den Druck des Hornberichts zu organisieren und das Gemeinschaftszentrum, in dem wir untergebracht sind, für die Mitgliederversammlung im Mai zu organisieren. Zudem blieb mir auch noch Zeit zum Bloggen.

In zwei einhalb Stunden werde ich R. treffen. Frau Schw. hat nicht locker gelassen und noch am letzten Dienstag eine neue Verabredung genagelt.

Wie ich mich fühle? Hmmm…Ich habe Hunger, und ja…Ich bin etwas aufgeregt. Im Gegensatz zum Wochenende ist das anstehende Treffen für mich jetzt emotional wieder völlig real. Ich freue mich drauf…Und ich hoffe, dass es diesmal klappen wird.

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