Ihr Lieben
Jetzt ist er also da, der Tag, auf den ich die letzten zwei Jahre und neun Monate gewartet habe! In ziemlich genau drei Stunden wird R. durch den Eingang des Restaurants treten, wo wir auf ihn treffen werden.
Mein Paps hat mir gestern Abend eine ermutigende WhatsApp geschickt. Er glaubt, dass auch R. auf diesen Tag gewartet habe. Neulich, als sie zusammen im Auto an meinem Haus vorbeigefahren seien, habe R. immer wieder zu meinem Balkon hochgeschaut…
Noch ist es ein irreales Gefühl, obgleich ich mir dieses Treffen in den vergangenen drei Jahren in X unterschiedlichen Varianten in Gedanken ausgemalt habe. Ich habe mir vorgestellt, wie ich R. wie früher übers Haar streicheln, wie ich wie so oft damals seine kleine Hand in der Meinen halten würde. Jetzt aber ist R. ein kleiner Teenager. Zu viel Körperkontakt in der Öffentlichkeit ist ihm sicher peinlich…
Und werde ich ganz ungezwungen mit ihm plaudern können? Werde ich wieder die altvertraute Verbundenheit zwischen uns spüren? Oder werden die Ängste, Unsicherheiten, Verletzungen zwischen uns stehen wie eine gläserne Mauer, die eine unmittelbare Berührung unserer Seelen unmöglich macht?
Ihr Lieben! Heute Abend werde ich euch mehr berichten können. Jetzt bin ich froh, mich zunächst noch etwas ablenken zu können. Um halb zwei werde ich mich arbeitshalber mit einem Journalisten treffen, um mit ihm ein vollkommen unmögliches Gerichtsurteil und die entsprechend ignorante Berichterstattung dazu zu besprechen. Der Journalist hat mir am Telefon einen guten Eindruck gemacht, beteuerte, dass es ihm wichtig sei, die Falschinformationen, welche in „seiner“ Zeitung verbreitet worden seien, richtig zu stellen. Das heutige Treffen wird zeigen, ob ich meinem Klienten guten Gewissens empfehlen kann, diesem Journalisten gegenüber seine Sicht der Dinge zu schildern, die – wie so oft – doch viel komplizierter und vielschichtiger ist, als sie die meisten Medien und unsere bürokratischen Strukturen abzubilden vermögen.
Und danach gehts ab in die Wunderwaffel, wo ich nach fast drei Jahren wieder auf meinen Sohn treffen werde…Echt surreal, findet ihr nicht auch?