Auch die heutige Lektüre hat mich erschüttert zurückgelassen. Wie schon Gestern ist mir bewusst geworden, wie viele Chancen durch das Nichthandeln der Kesb und der Beiständin, Frau Chaudhary, in R.s Fall verpasst worden sind. Was hätte ich denn noch tun sollen ausser bei der für solche Fälle zuständigen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde um Hilfe und Unterstützung zur Lösung der Konfliktsituationen zu bitten?
Was aber bringt das, wenn die eingesetzte Beiständin die Sache danach über Jahre schleifen lässt, um dann schliesslich, wenn alles eskaliert, den aktiven und initiativen Elternteil einfach auszubooten? Welch unprofessionelles Verhalten Ihrerseits, Frau Chaudhary, und was für eine Selbstanmassung!
Es schmerzt mich sehr, wie wenig ich als Mutter offenbar Ernst genommen worden bin. Und erst R.! Ist ein Kinderschicksal denn so wenig wert, dass man nicht ein einziges Mal in eine Mediation oder eine andere, für die Eltern obligatorische Konfliktberatung investieren mag?
Die Kostenfrage ist nebst dem emotionalen Scherbenhaufen, den der Fall R. hinterlassen hat, ein für mich ganz besonders stossender Punkt. Sage und schreibe knappe 30’000 Franken, die Hälfte davon Unentgeltliche Rechtspflege, hat meine Eltern und mich das aus diesen Sparmassnahmen resultierende Gerichtsverfahren gekostet. Daneben haben die Gegenanwältin, der Kinderanwalt und der Gutachter auch noch jeweils 5stellige Summen, finanziert durch die öffentliche Hand, abkassiert.
Bereits zum zweiten Mal habe ich Heute, da das Urteil ja nun rechtskräftig ist, R.s Kinderanwalt um einen Termin ersucht. Dabei ging es mir darum, wie ich mein hälftiges Sorgerecht in R.s Interesse inskünftig würde wahrnehmen können. Folgende Antwort erhielt ich, nachdem ich überdies eine Nachricht auf die Combox gesprochen hatte, zurück:
„Guten Tag Frau M.
Vorab besten Dank für Ihre beiden Mails.
Das Urteil ist, wie Sie treffend ausführen, inzwischen rechtskräftig und die Kindsvertretung ist deshalb beendet. Deshalb kann ich Ihnen keinen Gesprächstermin mehr anbieten. Da ich R.s Kinderanwalt im Gerichtsverfahren war, ist es mir nicht möglich, einen Elternteil nach dem Verfahren rechtlich zu beraten. Zum Sorgerecht kann ich Ihnen aber gerne folgende Angaben machen: Die elterliche Sorge hat dem Kindswohl zu dienen, ist jedoch in der Schweiz in erster Linie ein «Entscheidrecht» bei ausserordentlich gewichtigen Entscheidungen im Leben eines Kindes (z.B. wenn es um die Frage geht, ob ein Kind neu im Ausland wohnt oder ob es statt in eine öffentliche in eine private Schule geht). Steht eine solche nichtalltägliche Entscheidung an, ist in aller Regel die Zustimmung von beiden Eltern (Sorgerechtsinhaber) vorausgesetzt. Zudem hat man auch einen Anspruch auf Information, z.B. über die Schulzeugnisse oder ob ein Kind überhaupt eine kinderpsychologische Therapie macht.
Ich hoffe, diese Angaben helfen Ihnen weiter. Falls Sie mehr Informationen zum Sorgerecht benötigen, ist Ihr Rechtsvertreter und/oder die KESCHA sicherlich eine gute Anlaufstelle.
Ich wünsche Ihnen alles Gute!“
Will heissen: Das Verfahren ist abgeschlossen, meine Kostennote ist eingereicht, und nach mir die Sintflut. Bitte behelligen Sie mich nicht weiter!
In jeder anderen Branche wird nach Auftragserledigung die Sache mitsamt Dokumentation an den Nachfolger bzw. die Nutzer übergeben. Nicht so verhält es sich offensichtlich, wenn es um Kinder geht. Da faselt man dann ein ganzes Verfahren lang von „Kindswohl“ und „Kindesinteressen“, ist dann aber augenblicklich nicht mehr zuständig, wenn man keine Kostennote mehr einreichen kann. Nur: Wer wenn nicht der Kinderanwalt, der angeblich die Interessen des betroffenen Kindes vertritt hat dann die Aufgabe sicherzustellen, ob die vom Gericht angeordneten Massnahmen auch tatsächlich eingehalten werden?
Erneut stehe ich als zwar hälftig sorgeberechtigte, jedoch vollkommen von meinem Sohn abgeschnittene Mutter im Schilf. Woher soll ich meine Rechte kennen? Wer unterstützt mich dabei, diese z. B. der Schule, R.s Kinderpsychologen oder seinem Vater gegenüber geltend zu machen. In den vergangenen achtzehn Monaten musste ich die Erfahrung machen, überall abgewimmelt zu werden. Irgendwie schien es Allen lästig, ja gefährlich, sich mit dieser Frau, die immer wieder nachhakte, auseinandersetzen zu müssen. Die kleinsten „Vergehen“ meinerseits wurden zum Anlass genommen, um den Kontakt mit mir abzubrechen. Oft antwortete man mir ohnehin erst, wenn ich meinen Anwalt im CC aufführte.
Es wundert mich jedes Mal, wie sehr mich solche Rückschläge emotional noch immer mitnehmen. Ein Xter Versuch, mich wieder an R.s Leben anzunähern. Zack! Die nächste Tür, die mir vor der Nase zugeschlagen wird. Und schon bin ich wieder ausgesperrt, alleingelassen in diesem Kinderrechtsdschungel, dessen Regeln ich immer weniger verstehe. In diesem Dschungel mögen die Kinder wohl der Mittelpunkt sein, im Mittelpunkt stehen ihre Interessen aber ganz gewiss nicht. Eher habe ich den Eindruck, dass hier ein gut eingeübtes Theater unter sogenannten Fachpersonen gespielt wird, die zwar alle von Kindeswohl und Kindesinteressen faseln, für die aber in erster Linie das eigene Bankkonto und/oder die ruhige Kugel am Arbeitsplatz zählen.
IN solchen Augenblicken bricht die ganze Ungerechtigkeit, die mir und meiner Familie in den vergangenen zwei einhalb Jahren widerfahren ist, mit voller Wucht über mich herein. Was um alles in der Welt habe ich verbrochen, dass ich so behandelt werden darf? Womit habe ich diese Missachtung nur verdient?
Hätte ich dich, R., vernachlässigt, geschlagen, misshandelt, emotional oder gar sexuell missbraucht oder dich deinem Vater vorenthalten…Ich würde es ja noch verstehen, wenn man mich dann derart aus deinem Leben verbannen würde.
Hätte es Anzeichen, Verwarnungen oder Vorfälle gegeben, hätte ich dich isoliert, deine Interessen missachtet…Ja, dann müsste ich mich damit auseinandersetzen, dass du mich nicht mehr sehen willst.
Aber ich weiss doch, wie es gewesen ist. Viele andere Menschen haben dich bei mir aufwachsen sehen, waren Zeugen, wie ich immer wieder darum bat, mir eventuelle Auffälligkeiten mitzuteilen.
Und dann kommt dieser Asi von Vater, dem Alle bereitwillig glauben – und die ganzen neun einhalb Jahre, die du bei mir warst, sind plötzlich keinen rostigen Rappen mehr wert.
Welch eine Welt, wenn man sich angesichts all dessen nicht zwischendurch wenigstens ganz unverhohlen selbst bemitleiden darf!