23.05.2020 (Kommentare zum Gutachten Huggler)

Vorbemerkung:

Den nachfolgenden Kommentar zum Gutachten Huggler hat mein Anwalt wortwörtlich dem Gericht zukommen lassen. Darauf basierend formulierte er später – wie es das Recht vorsieht -, Ergänzungs- und Erläuterungsfragen an den Gutachter.

Doch weder unsere Fragen noch der nachstehende Kommentar hat Gerichtspräsidentin Rickli zugelassen. Auch ein Attest meines Behandelnden Psychiaters, wonach ich auf Grund der Vorkommnisse an einer Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastungen (ICD F60.0) litte, wurde ignoriert;. Kein Wunder! Diese Diagnose eines renommierten Facharztes hätte die Aussagekraft des gesamten Gutachtens massiv in Zweifel gezogen.

Kommentare zum Gutachten Huggler vom 17.4.2020

Das auf den ersten Blick mit seinen 31 Seiten beeindruckende „Fachgutachten“ erweist sich bei einer genaueren Betrachtung als nicht das Papier wert, auf das es gedruckt ist. Vielmehr widerspiegelt es das Verfahren, wie es von Beginn an gehandhabt wurde und kann deshalb schon beinahe als eine Auftragsarbeit bezeichnet werden, deren Ziel nicht die Wahrheitsfindung, geschweige denn das vielgepriesene Kindswohl , sondern deren einzige Absicht die Verschleierung der durch die Gerichtspräsidentin sowie der zuständigen KESB katastrophalen Fallführung ist. Durch Schönreden, Lügen und absichtliche Diffamierung soll ein mit Hilfe von Verschleppung und Nichthandeln künstlich geschaffener Ist-Zustand im Nachhinein fachlich legitimiert werden.

Dies kann im Folgenden verdeutlicht werden:

1. unvollständige Kenntnis des Sachverhaltes

Unter Abschnitt 2 gibt der Fachgutachter vor, alle Akten gelesen zu haben. Sein Vorgehen sowie die im Laufe des Gutachtens zitierten Passagenlassen jedoch erkennen, dass er gerade einmal zwei Dokumente genau gelesen und diese dann – obgleich das eine davon von mir bereits ausführlich kommentiert ebenfalls bei den Akten liegt -, unhinterfragt im Copy-&-Paste-Stil widergegeben hat.

Beim von mir ausführlich kommentierten Dokument handelt es sich um den Bericht der Beiständin, Frau Chaudhary, vom 5. Juli 2019, beim Zweiten um die Anhörung, welche Gerichtspräsidentin Rickli am 27. September 2019 mit R. durchgeführt hatte.

Bei der Auswahl der zitierten Passagen geht es dem Gutachter vor allem darum, schon einmal den problematischen Charakter der Kindsmutter zu dokumentieren; dies, obgleich viele der Aussagen der Beiständin nachweislich falsch sind und obschon die vier Treffen, die mit R. stattgefunden haben und zu denen er von der Gerichtspräsidentin befragt wurde (vom Vater gebracht – vom Vater wieder abgeholt) nachweislich viel facettenreicher abliefen, als das 9jährige, zumal fremdbeeinflusste Kind dies vor der GP zu schildern vermochte. Genau aus diesem Grund habe ich dem Gutachter gegenüber extra Referenzpersonen angegeben mit dem Hinweis, dass diese weitere Angaben zu diesen Treffen machen könnten – aber weshalb sollte man eine bereits vorgefasste Meinung noch einer Prüfung unterziehen, zumal einem die Mutter ohnehin unsympathisch ist?

Den Anforderungen an das Prinzip des Untersuchungsgrundsatzes, welches für einen unparteiischen Gutachter unbedingt Geltung haben müsste, hält diese Vorgehensweise schon einmal nicht stand.

2. Aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen

Der Gutachter hat sich stets mit Händen und Füssen dagegen gewehrt, dass den Sitzungen eine Drittperson beiwohnt. Den Kinderanwalt Beispielsweise liess er nicht zur Mutter-Kind-Interaktion zu, jeweils schon verdächtig oft betonend, dass dies hier „ganz professionell ablaufe“ und „er die Regeln mache“.

Verheerend (aber vom Gutachter selbstverständlich beabsichtigt) ist jetzt natürlich nun das Fehlen jeglicher Zeugen, welche die vom Gutachter aufgestellten Behauptungen würden widerlegen können. So werden Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen (sowohl von der Kindsmutter als auch von den beiden von ihr angegebenen Referenzpersonen), und die Mutter-Kind-Interaktion wird nach Bedarf den Vorgaben angepasst. Lügen werden aufrecht erhalten, und Aussagen der Mutter, wonach sich von R. geschilderte Szenen dann doch nicht ganz so abgespielt hätten, werden als „mangelndes Einfühlungsvermögen“ und „nicht adäquates auf-das-Kind-Eingehen“ gedeutet.

Zu hoffen bleibt, dass die ebenfalls anwesende Frau Fehnd wenigstens korrekt protokolliert hat; aus diesen Protokollen würde nämlich hervorgehen, in welchem Kontext welche Aussagen entstanden sind – und wenn wir Glück haben, werden sie zumindest im Protokoll korrekt widergegeben.

Bezeichnend ist, dass der Kinderanwalt R.s Grossvater und mir gegenüber völlig andere Eindrücke nach der Mutter-Kind-Interaktion äusserte: R. habe ihm im Zug nochmals das Fotoalbum gezeigt, und er habe nach diesem ersten Zusammentreffen nach über fünf (!!!) Monaten wirklich die Hoffnung gehabt, es würde wieder eine Annäherung stattfinden.

3. Äpfel mit Birnen verglichen

Der sog. Fachgutachter macht es sich auch sehr einfach, was die Vergleiche zwischen den Eltern-Kind-Interaktionen anbelangt. Hier ist einerseits der Vater, welcher nun monatelang Zeit mit R. verbracht hat und ihm dabei die eine oder andere „Wahrheit“ eintrichtern konnte, und da ist andererseits die Mutter, welche das Kind, welches sie neun Jahre lang grossgezogen hat, fünf (!!!) Monate lang nicht gesehen hat bzw. auch keinerlei telefonischen Kontakt mit ihm unterhalten konnte.

Dass ein Kind, welches vom Vater wider besseres Wissen wiederholt zum Lügen über ihm zuvor nahestehende Personen genötigt wird, die Mutter nicht direkt ansieht, wenn es mit ihr konfrontiert ist, ist ebenso einfache Psychologie wie der Fakt, dass es sich nur zögerlich neben ihr niederlässt, wenn es von ihr dazu aufgefordert wird. Dass dasselbe Kind aber zuvor bereits beim zweiten Versuch erraten konnte, dass ihm dieselbe böse Mutter einen Schoggi-S mitgebracht hat und dass es diesen auch entgegennahm, konnte z. B. der Kinderanwalt beobachten. Dass dasselbe Kind es auch vermied, den Grossvater, über den es ebenfalls massive Lügen verbreitet hat, anzusehen, ist wiederum absolut nachvollziehbar und kann vom Kinderanwalt ebenfalls bezeugt werden.

Interessant war die Abschiedsszene: Aus meiner nun doch etwas längeren Erfahrung als Mutter weiss ich, dass sich ein Kind automatisch versteift, wenn es in den Arm genommen wird und dies nicht möchte. Das tat R. nicht, erwiderte die Umarmung aber auch nicht, was unter den gegebenen Umständen nachvollziehbar ist.

Spannend zu beobachten ist bereits der sprachliche Ductus, mit dem der sog. „Fachgutachter“ die Beziehungen zu den Eltern beschreibt; der Vater wird durchwegs als herzlich, warmherzig und bemüht beschrieben, während an der Mutter offenbar kein gutes Haar zu lassen ist. Eine derart krasse Schwarz-weiss-Malerei lässt wahrlich nicht auf eine fachpsychologische Herangehensweise schliessen, denn selten im Leben sind die Dinge so eindeutig, wie uns der Fachgutachter hier vorzugaukeln versucht.

4. Massive Täter-Opfer-Umkehr

Während meiner Sitzungen beim sog. Fachgutachter konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass für diesen Menschen Empathie zu den Fremdwörtern gehört, deren Sinn sich ihm nicht bloss sprachlich entzieht. Dieses Defizit versucht er mit exzessiven Hinweisen auf seine langjährige Erfahrung und seine Professionalität zu kaschieren.

Dass eine Mutter, welche über Monate erlebt hat, sich gegen nie bewiesene Anschuldigungen, Verleumdungen und Diskriminierungen auf Grund ihrer Behinderung wehren zu müssen und dabei noch ganz nebenbei mit behördlicher Beihilfe des Kindes beraubt wurde, für das sie neun Jahre lang gesorgt hat, sich in einer extremen Ausnahmesituation befindet, ist einfachste Psychologie. Die Missachtung, das Nicht-Zuständigsein der Beteiligten sowie das bewusste Wegschauen der Schule und der Nachbarn trugen massiv zu Gefühlen der Ohnmacht, der Trauer und Wut bei, welche dieses gesamte Verfahren durchzogen und welche  denn auch in zwei Aufenthalten in der Psychiatrie resultiert haben.

Zu keinem Zeitpunkt nahm ich von Seiten des Sog. Fachgutachters so etwas wie Verständnis, Einfühlungsvermögen oder aber auch nur Anteilnahme am Schicksal sowohl R.s als auch an dem der betroffenen Familie mütterlicherseits wahr. Vielmehr schien es ihm beinahe Vergnügen zu bereiten, in offenen Wunden herumzustochern bzw. unnötige Machtkämpfe anzuzetteln, um seine Autorität zu stützen. Nur so lässt es sich begreifen, dass – auch nach mehreren gründlichen Aussprachen – er nicht in der Lage ist, von seinem Schwarz-Weiss-Schema (hier der liebe, warmherzige da kooperative Vater, dort die böse, selbstsüchtige weil auch hinterfragende Mutter) abzurücken.

5. Machtkämpfe statt konstruktive Lösungssuche

Der Fachgutachter wirft mir vor, „immer wieder die Regeln des Fachgutachtens“ angezweifelt zu haben. Bereits diese Aussage muss bei genauem Lesen hellhörig machen, handelt es sich hier doch um einen Vorgang, von dem ich als Kindsmutter persönlich betroffen bin und an dessen Verlauf ich ergo ein höchstpersönliches Interesse haben muss.

Wenn ich also dem Gutachter gegenüber mehrfach ausführe, dass ich nicht möchte, dass der Vater R. zur Mutter-Kind-Interaktion bringt, dann habe ich dafür triftige Gründe, die (auch dies einfachste Psychologie) in Erfahrungen aus der Vorgeschichte zu suchen sind. Was dabei herauskommt, wenn der Vater R. zum Termin bei der Gerichtspräsidentin begleitet, demonstriert uns das Anhörungsprotokoll vom 27. September 2019 ja eindrücklich. Was es in einer Mutter auslösen muss, wenn sie monatelang am Kontakt zu ihrem Kind gehindert wird, bloss weil sie den Rat der Beiständin befolgt und eine Klage zur Regelung der finanziellen Verhältnisse eingereicht hat, liesse sich mit einem Minimum an Gedanken- und Gefühlsakrobatik ebenfalls ermessen.

Doch anstatt nachzufragen führt der Gutachter einen Machtkampf herbei. Wenn die Mutter, deren Nervenkostüm ohnehin bereits rissig ist, sich dann in die Ecke gedrängt fühlt und ihrem Unmut darüber, wie das Verfahren bisher gelaufen ist, Luft verschafft, werden daraus gleich Rückschlüsse auf ihre Erziehungsfähigkeit und Bindungstoleranz gezogen. Dass er es dann eine Stunde lang nicht schafft, das Vertrauen dieser Mutter wieder zu gewinnen und stattdessen noch mit Bemerkungen wie „Der Vater ist aber kooperativ, und Sie nicht“ noch weiter eskaliert, lässt schon beinahe auf sadistische Züge im Charakter des Gutachters schliessen. Im 3. Band der Krimi-Reihe um den isländischen Kommissar „Hulda“ lässt die Autorin Yrsa Sigursdottir die Kinderpsychologin Freya die emotionale Lage eines in die Ecke getriebenen Jugendlichen mit zwei Bildern demonstrieren: Auf dem ersten Bild ist der Kopf eines Hundes in der Frontansicht zu sehen. Er hat die Augen weit aufgerissen, die Zähne sind gefletscht. Das zweite Bild zeigt denselben Hund in Komplettansicht, wie er von mehreren Personen mit Fusstritten und Stöcken gequält und geängstigt wird. Exakt diese Szene aus „Hulda und Freya“ mailte ich einige Tage nach dem dritten, aus dem Ruder gelaufenen Treffen dem Gutachter, um ihm die Gründe für meinen Gefühlsausbruch zu illustrieren. Resultat: Siehe Gutachten.

Auf jeden Fall steht es einem Psychologen und Fachgutachter nicht gut an, auf einen Menschen, der emotional bereits am Boden liegt, verbal noch einzutreten.

Besonders faszinierend ist, dass derselbe Gutachter von diesem Verhalten auch dann nicht abzuweichen imstande ist, nachdem im Nachgang zu diesem oben geschilderten Treffen mehrere klärende Gespräche (u. A. mit meiner behandelnden Psychologin) stattgefunden haben. Ich glaube deshalb, dass ich mit meiner Schlussfolgerung, hier läge offensichtlich eine narzisstische Kränkung vor, mich beim Gutachter zwar nicht unbedingt beliebter gemacht habe, damit vom wirklichen Problem allerdings nicht allzu weit entfernt bin.

Aber selbstverständlich darf der Fachgutachter dies dann als Grenzüberschreitung werten; eine betroffene und daher sicher nicht kompetente Mutter hat sich ja bloss bewerten zu lassen, sollte selbst jedoch tunlichst darauf verzichten, die Aktionen ihres Gegenübers einzuordnen.

Oder hat es sich hier vielleicht doch gerächt, dass der Fachgutachter nicht die gesamten Akten durchgelesen hat und deshalb meine Weigerung, mit dem Vater nur annähernd konfrontiert zu werden, nicht einzuordnen vermochte?

6. Lügen werden nicht wahrer, wenn man sie oft genug wiederholt

Dieser Satz gilt sowohl für die vom Gutachter unbesehen übernommenen Falschaussagen aus den Berichten als auch für diejenigen des Vaters. Dieser hat es wieder einmal in beinahe schon beeindruckender Weise geschafft, sich auch dem Gutachter gegenüber als armes Opfer zu verkaufen. Dass weibliche Behördenmitglieder für diese Masche anfällig sind war bekannt, doch offensichtlich funktioniert das auch bei männlichen Psychologen, wenn es gerade Kosten spart und deshalb gut ins Weltbild passt.

Die Verleumdungen, welche der Vater so erfolgreich nicht nur über mich, sondern auch über meine gesamte Familie verbreitet, werden aber nicht wahrer, auch wenn sie mittlerweile auch vom 10jährigen Kind wiederholt werden. Faszinierend ist, dass während eines nun knapp 1jährigen Verfahrens diese Lügen wider besseres Wissen (Gegenbeweise liegen vor bzw. könnten, wäre denn der Wille vorhanden, auch eingeholt werden) immer weiter kolportiert werden, fast wie ein Stab, der in einem Stafettenlauf unbesehen von Bericht zu Bericht weitergereicht wird. Auf Grund dieser nie bewiesenen Falschaussagen wird mir und meiner Familie das Kind straflos vorenthalten, und es wird von uns erwartet, dass wir dazu auch noch brav nicken und „Danke, werte Frau Gerichtspräsidentin“, „aber klar habe ich zu R. fick dich und Arschloch gesagt, wenn er das so erzählt, verehrter Fachgutachter“ sagen. Würde das Ganze mich nicht selbst betreffen, müsste ich zeitweise laut loslachen. Glauben aber würde ich es Niemandem, hätte ich es nicht selbst erlebt.

Dass ich mich während dieses gesamten Zirkus‘ – nota bene auf Kosten der öffentlichen Hand – nur gerade zwei Mal in Situationen ohnmächtiger Wut dazu habe hinreissen lassen, dem Vater zugegebenermassen völlig niveaulose und hässliche SMSen zu schreiben, ist im Nachhinein betrachtet eigentlich erstaunlich.

Apropos Wiederholungen: Das gesamte Gutachten hätte man auch auf 20 Seiten unterbringen können. Auch die Ergüsse des sog. Fachgutachters zu meinem Charakter werden nicht substantiierter, bloss weil er sie X mal mit copy-&-paste wiederholt. In den Akten hätten sich wahrlich genügend Anhaltspunkte gefunden, wie oft ich während des Verfahrens durchaus konstruktiv zu einer Lösung beizutragen versuchte, während sich der Kindsvater in Anbetracht der von ihm aus selbstsüchtigen bzw. dem Kindswohl völlig zuwiderlaufenden Motiven geschaffenen Situation lässig zurücklehnen und mich ins Messer laufen lassen konnte.

7. unzulässig verkürzte Rückschlüsse auf meinen Charakter

Die Rückschlüsse, die der sog. Fachgutachter in Bezug auf mein Verhalten bzw. meinen Charakter zieht, sind nicht nur völlig  verkürzt, sondern schon beinahe bösartig. Nur allzu bereitwillig übernimmt er die Ausführungen der Beiständin zu meinen Klinikaufenthalten und folgert daraus meine instabile Gemütslage und Erziehungsunfähigkeit. Wie schon die Beiständin hält aber auch er es nicht für notwendig, nach den Gründen für diese jeweils kurzzeitigen Erschöpfungszustände zu fragen. Dabei liegen hierzu selbstverständlich Berichte vor, die man hätte einholen können und auch müssen.

Aus einem Bericht der UPD von 2015 z. B. wäre hervorgegangen, dass ich im Kriseninterventionszentrum war, weil der zu dem Zeitpunkt arbeitslose und finanziell völlig bankrotte Vater entgegen meiner Bitten mit R. nach Algerien flog. Von dort kam er erst zwei Wochen zu spät wieder heim, weil er sich für den Rückflug zuerst Geld leihen musste. Dass R. deswegen das zweite Kindergartenjahr erst mit zwei Wochen Verspätung antreten konnte, erwähnte die Beiständin in ihrem Bericht vom Februar 2016 zu Handen der KESB zwar, auch, dass das Verhalten des Vaters in mir derartige Ängste schürte, dass ich deswegen Hilfe in Anspruch nehmen musste, aber auch das ist selbstredend meinem labilen Gemütszustand zuzuschreiben. Wohl ist es auch meine Schuld, dass mich die Tatsache, dass mir der Sozialdienst zwischen Januar und Juli 2019 ohne rechtsgültige Verfügung keine Zahlungen mehr ausrichtete, um den Schlaf brachte.

Auch ein Aufenthalt 2016 war einer derartigen finanziellen Notlage geschuldet. Als sich das Problem im November 2016 löste, trat ich nach zwei nicht wie eigentlich geplant drei Wochen wieder aus und kehrte nach Hause zurück, wo R. in der Zwischenzeit in einer Familie, welche bereits zwei Pflegekinder aufgezogen hatte, von mir gut untergebracht war.

Und selbstverständlich hat es auch Niemand für notwendig befunden, die Berichte meiner beiden Aufenthalte in der UPD Bern während des Verfahrens durchzulesen; nur allzu offensichtlich wäre daraus hervorgegangen, dass meine Zusammenbrüche die direkte Folge von Ereignissen waren, welche die Gegenanwältin und die Gerichtspräsidentin wider besseres Wissen herbeigeführt hatten. Völlig unnötigerweise und über die von ihrer Kollegin GP Eichenberger vom Regionalgericht Bern-Mittelland unterzeichnete Scheidungskonvention hinweg verfügt die Gerichtspräsidentin im Sommer 2019 Ferien in Algerien – und das in einer derart hochstrittigen Situation. Das Resultat war die Weigerung des Kindes, zu mir zurückzukommen. Bezeichnend ist hier eine Aussage der behandelnden Psychologin im PZM Münsingen Anfang September 2019 mir gegenüber: „Wir könnten Sie nun auf eine Therapiestation überweisen, aber Ihre Situation ist dergestalt, dass Sie gar nicht therapiefähig sind. Ihre Reaktion auf diese Ausnahmesituation ist vollkommen normal.“

Wie sollte ich da nicht von Beginn des Verfahrens an ein massives Misstrauen, ja einen Groll gegen diese Gerichtspräsidentin hegen, welche mit ihrem unverantwortlichen Entscheid die Weichen für all das gestellt hat, was in den Monaten danach folgte?

Es ist unzulässig, die vorliegenden Berichte bei der Beurteilung meines Charakters bzw. meiner Erziehungs- und Bindungsfähigkeit zu unterschlagen und dabei auf die offensichtlich unqualifizierten Äusserungen eines Psychologen abzustellen. Ich war auch während des Verfahrens in psychiatrischer Behandlung und erwarte deshalb, dass auch von dieser Seite her ein Bericht angefordert wird.

8. Und wenn die Argumente ausgehen, bleibt ja noch die Blindheit

Besonders irrwitzig ist die Schlussfolgerung gegen Ende des Gutachtens: Weil die Mutter blind sei, sei sie auf die Kooperation des Sohnes angewiesen. Dies sei momentan nicht der Fall, weshalb noch nicht einmal ein Besuchsrecht eingeräumt werden könne.

Hier lässt es sich der sog. Fachgutachter nicht nehmen, auch noch auf die unterste Stufe menschlicher Instinkte hinabzusteigen und zu diskriminieren.

Auch dies tut er, indem er bewusst Informationen verschweigt bzw. weglässt. In seinem zweiten Telefonat mit meiner Freundin K., der Mutter des ebenfalls von Entfremdung betroffenen Y., war nämlich genau dieser Punkt Thema. K. erläuterte hier eindeutig, dass die Kinder auch dann nicht mehr führbar seien, wenn die Eltern gut sähen. Ein durch ein Elternteil zum Lügen und Fortlaufen manipuliertes Kind kann von seinen sehenden Betreuungspersonen ebenso wenig unter Kontrolle gehalten werden wie von einer blinden Mutter. Es geht hier nämlich nicht um Kooperation im eigentlichen Sinne, sondern um das Herabsetzen, Verachten bzw. Nichtrespektieren des entfremdeten Elternteils, ohne dass dem Kind dadurch Schuldgefühle erwachsen würden. Es wird ja vom entfremdenden Elternteil darin bestätigt, dass sein Handeln (nämlich das Weglaufen oder Lügen) absolut legitim sei.

Eindrücklich in diesem Zusammenhang waren die Schilderungen der Grossmutter von Y. diesbezüglich. Sie beschrieb mir am Telefon detailliert und glaubhaft, mit welchen Mitteln Y. ihre Autorität untergrub und schliesslich weglief. Vollkommen ohnmächtig stand sie dem ihr bislang so vertrauten Jungen gegenüber, der sie beleidigte, hinterging und sich schliesslich auf Geheiss des Vaters allein mit dem Zug nach Bern begab.

Mehrmals haben wir im Laufe des Verfahrens darauf hingewiesen, dass sich zwei Fälle parallel nach demselben Muster entwickeln. Selbstverständlich hat es der Gutachter aber nicht für notwendig gehalten, auf diese Hinweise einzugehen, obgleich er mit Y.s Mutter zwei lange Telefonate führte. Das Argument findet lediglich in einem Nebensatz seinen Niederschlag im Bericht, denn es ist schliesslich viel einfacher, die blinde Mutter als unfähig abzuqualifizieren, als sich der komplexen Problematik einer bereits fortgeschrittenen Eltern-Kind-Entfremdung mit all den notwendigen Massnahmen anzunehmen.

Die Feststellung, dass die Nichtkooperation von R., gepaart mit meiner Blindheit, einen weiteren Kontakt zwischen mir und dem Kind verunmögliche, ist umso lächerlicher, als dass dies dann – konsequent zu Ende gedacht -, ganz besonders in den ersten Jahren hätte gelten müssen. Damals war R. nämlich in der Tat noch nicht zur Kooperation fähig; trotzdem haben wir Wege gefunden, alle möglichen (und für den Gutachter sicher auch unmöglichen) Situationen zu meistern.

Es ist unter uns Behinderten in der Auseinandersetzung mit Vorgesetzten und Fachpersonen leider ein oft beobachtetes Phänomen: Erfrecht sich das sog. behinderte Gegenüber, ganz selbstverständlich für sich dieselben Rechte zu beanspruchen und kann ihm argumentativ nicht beigekommen werden, dann wird zu guter Letzt immer zum vermeintlichen Killerargument gegriffen: „Die sieht es nicht, deshalb kann sie keine Ordnung halten.“ (Abklärungsbericht aus dem Jahr 2015, selbstverständlich ohne Nachfrage, wie ich denn die Wohnung sauber hielte). „Die ist ja auf die Kooperation angewiesen, weil sie blind ist.“ (sog. Fachgutachten). Spannend ist beim Zustandekommen solcher Feststellungen die Tatsache, dass sie stets ohne Nachfrage geäussert werden (die Kooperation zwischen R. und mir war in den Gesprächen nie Thema), sondern rein der Vorstellungswelt der sog. Fachpersonen entspringen. Viele Fragen hätten sich dem Gutachter mit einem Link beantwortet, den ich ihm im Wissen um dieses Phänomen bereits im Vorfeld zum Gutachten zugemailt hatte. In einer Radiosendung zum Thema „Mutter und blind“ haben eine Kollegin und ich die Herausforderungen, die eine blinde Mutterschaft darstellt, an diversen Beispielen aufgezeigt. Aber es scheint, dass auch dieser Link nicht die Mühe wert war, angeklickt zu werden, da der Experte wohl während seiner fachpsychologischen Ausbildung gelernt hat, dass blinde Mütter nicht mit ihren Kindern kooperieren können.

9. Was nicht sein darf…

Damit kommen wir auf den eigentlichen Schwachpunkt des sog. Gutachtens und des Verfahrens im Allgemeinen zu sprechen, nämlich auf die beharrliche Weigerung aller Beteiligten, auf die zahlreichen, gut dokumentierten Hinweise von Familienmitgliedern eingehen zu wollen, welche auf eine Entfremdung von R. zur gesamten Familie mütterlicherseits unübersehbar hindeuten. Meine Aussagen diesbezüglich tut der Gutachter mit der Feststellung ab, ich sei weder in der Lage noch Willens, die Wünsche und Bedürfnisse meines Kindes wahrzunehmen. Die Aussagen von Frau St. und dem Grossvater diesbezüglich unterschlägt er schlicht, auf die Hinweise in den Verfahrensakten einzugehen erachtet er als unnötig.

Ein solches Verhalten wäre vielleicht noch zu rechtfertigen, beträfe diese Entfremdung lediglich die Kindsmutter. Dass R. aber seit nunmehr knapp einem Jahr jeden Kontakt zu einem ganzen Umfeld verloren hat, welches seine Entwicklung in den vergangenen Jahren entscheidend geprägt und welches auch die offensichtlichen Defizite des Vaters immer wieder wettgemacht hat, ist einfach unsäglich. Ein derart systematisches Wegschauen macht die am Anfang dieser Ausführungen geschilderten tatsächlichen Ziele des Gutachtens überdeutlich und ist nicht zu rechtfertigen.

Bekannterweise ist der Kanton Bern für seine etwas gemächlichere Herangehensweise in jeder Hinsicht bekannt; die Thematik der Eltern-Kind-Entfremdung als Form des schweren psychischen Missbrauchs ist aber – wie wir im Verlaufe des Verfahrens mehrfach dokumentiert haben -, auch hier seit gut einem Jahrzehnt Thema in der Arbeit mit hochstrittigen Eltern (s. z. B. die Arbeit Weller aus dem Jahr 2007). In Deutschland wurde zur Verhinderung von Eltern-Kind-Entfremdungen mit dokumentierten schweren Konsequenzen für das betroffene Kind das sog. „Cochemer Modell“ entwickelt, und im Februar 2020 wurde die Thematik im dokumentarischen Spielfilm „weil du mir gehörst“ sogar zur Prime-time vom Ersten Deutschen Fernsehen aufgegriffen. Die anschliessende, im Internet abrufbare Diskussionsrunde, welche ich dem Gutachter zugänglich gemacht habe, belegt, wie verbreitet das Phänomen ist und dass davon entgegen landläufiger Annahmen auch Mütter betroffen sind. Die Kommentarspalten zeigen, welch grossen Widerhall das Thema unter den Zuschauern gefunden hat – die Betroffenheit hat selbst die Produzenten überwältigt.

Wenn mir der Gutachter nun vorwirft, ich hätte versucht, den Verlauf des Gutachtensprozesses zu beeinflussen, dann hat er damit insofern recht, als dass ich ihn immer wieder gebeten habe, die Möglichkeit einer vorliegenden Eltern-Kind-Entfremdung zumindest als Option zu berücksichtigen. Kindsanhörungen durch RichterInnen werden von mit der Thematik befassten Fachleuten massiv kritisiert, weil sie die Kinder de fakto dazu zwängen, sich auf eine Elternseite zu schlagen und den anderen Elternteil auch noch öffentlich schlechtzureden. Vorladungen, zu denen ein Kind vom entfremdenden Elternteil hingebracht werden, erbringen keinerlei aussagekräftige Resultate, weil das betroffene Kind die Erwartungshaltung des entfremdenden Elternteils kennt und sich daher entsprechend äussern und verhalten wird.

Weller weist in ihrer Arbeit zudem auf die Diskrepanz zwischen Kindswille und Kindswohl hin. Ein Kind, welches (wie R. mit behördlicher Zustimmung) vom Vater über Monate hinweg systematisch beeinflusst werden konnte ist schlicht nicht mehr in der Lage, seinen eigenen Willen frei zu äussern. Es übernimmt nicht nur die Erwartungen des entfremdenden Vaters, sondern legt sich Ereignisse als Teil einer eigenen Coping-Strategie mit der Zeit auch so zurecht, dass es damit die Diskrepanz zwischen der eigenen Wahrnehmung, den an es gestellten Erwartungen und der tatsächlich vorgefallenen Ereignisse in Einklang zu bringen versucht; aus konstruktivistischer Sicht nennt man dies Reframing, eine Strategie, die grundsätzlich alle Menschen anwenden, um die Dissoziationen zwischen dem eigenen Weltbild und den davon abweichenden, alltäglichen Erfahrungen auszuhalten; geschieht dies jedoch in einem derart extremen Rahmen, wie es R. und Y. nun über Monate hinweg aufgezwungen wird, so muss dies  langfristig verheerende Auswirkungen auf die Selbst- und Fremdwahrnehmung der hiervon betroffenen Kinder haben.

Wenn nun ein Fachgutachter, der um derlei Prozesse wissen müsste, seine Schlussfolgerungen zu den empfohlenen Massnahmen zu einem derart hohen Prozentsatz auf die Aussagen eines 10jährigen, offensichtlich von Entfremdung betroffenen Kindes abstellt, dann kann dies nicht aus Gründen des Kindswohls geschehen sein. Ein derart systematisches Wegschauen, Ableugnen und Verharmlosen von offensichtlichen Tatsachen hat das Ziel, die Versäumnisse der involvierten Behörden zu kaschieren und – nicht zuletzt – die durch diese Versäumnisse zwangsläufig entstehenden Mehrkosten kurzfristig zu vermeiden. Entstehen diese Kosten, welche im Übrigen zulasten der öffentlichen Hand gehen werden, zu einem späteren Zeitpunkt (nämlich dann, wenn das betroffene Kind auffällig wird bzw. weitere, für seine Entwicklung ungünstige Coping-Strategien wie z. B. Suchtverhalten) entwickelt, dann können sich alle an diesem Verfahren Beteiligten Personen aber getrost zurücklehnen und ihre Hände in Unschuld waschen; sie sind dann dafür nicht mehr zuständig. Die Leidtragenden sind die betroffenen Kinder und die durch die Ereignisse traumatisierten Familien (hier mütterlicherseits).

10. Die Frage nach dem Warum

Nachdem im vorangegangenen Abschnitt auf die wahrscheinlichen Motive der Verfahrensverantwortlichen eingegangen worden ist, stellt sich nun noch die Frage nach den Gründen für das Verhalten des entfremdenden Vaters. Auch diese wären – würde man sich die Mühe machen, die Akten eingehend zu studieren und dabei chronologische Abläufe nachzuzeichnen -, sehr rasch beantwortet.

Ein algerischer Staatsbürger, der nota bene ohne triftigen Grund sechs Jahre lang Sozialhilfe bezogen hat, während die blinde Kindsmutter arbeitete bzw. sich weiterbildete, trifft am Flughafen von Algiers ein junges Mädchen. Dieses möchte nach Europa, weil es im Heimatland keine Perspektiven sieht, und – welch ein Zufall! – dieses Mädchen hat bereits Verwandte in der Stadt, in welcher der Mann wohnt. Sehr rasch einigen sich die Verwandten der Braut mit dem Vater, die Heirat wird noch in den folgenden Sommerferien (2018) zivilstandsrechtlich besiegelt.

Daraufhin merkt der Mann, dass für den Familiennachzug die Deckung sämtlicher Lebenshaltungskosten notwendig ist. Plötzlich steigert er sein Arbeitspensum, denn die Kindsmutter hat ja genügend Zeit, sich um das gemeinsame Kind zu kümmern, obgleich sie eine Organisation zu führen hat. Zudem weiss er, dass auch immer wieder die Grosseltern mütterlicherseits verlässlich einspringen.

Selbstverständlich möchte man nicht, dass die Kindsmutter erfährt, dass auf einmal mehr Geld vorhanden ist – sie könnte ja Unterhaltsansprüche stellen, lebt sie doch selbst in höchst bescheidenen finanziellen Verhältnissen. Deshalb hält man das Kind dazu an, der Mutter gegenüber zu den Heiratsplänen zu schweigen. Dieses kotet sich – für die Mutter aus heiterem Himmel – im Juni 2018 zum ersten Mal ein, obgleich es zu diesem Zeitpunkt achteinhalb Jahre alt ist und dieses Verhalten seit vier Jahren nicht mehr gezeigt hat.

Der Vater nimmt das Kind in den Sommerferien 2018 aber natürlich mit, die Familie der Braut zu besuchen, um dort den Eindruck eines verantwortungsbewussten Vaters zu hinterlassen. Dummerweise verplappert sich das Kind sowohl vor als auch nach den Sommerferien zwei Mal und reagiert auf Nachfragen der Mutter beinahe panisch. Die Mutter, vom Kindsvater seit neun Jahren faktisch getrennt und stets bemüht, die eigenen Vorbehalte dem Vater gegenüber nicht auf das Kind zu übertragen, schweigt. Das Kind wird auffällig, schlägt in der Schule grundlos auf andere Mitschüler ein und fängt erneut an, sich einzukoten; die Mutter absolviert arglos Elterngespräche und bemüht sich, gemeinsam mit der Schulleitung und den Klassenlehrpersonen Lösungen zu finden. Schliesslich findet Anfang Dezember 2018 ein Klassenwechsel statt, von dem der Vater wahrscheinlich – da in Heiratslaune -, gar nichts mitbekommt. Es bleibt jedenfalls genügend Geld übrig, um im Dezember 2018 nach Algerien zu fliegen und dort Hochzeit zu halten.

Ende Januar 2019 findet das halbjährliche Gespräch mit der Beiständin von R. statt. Diese hat sich in der Vergangenheit selten als hilfreich erwiesen, sodass die Mutter die Schwierigkeiten im vergangenen halben Jahr selbst zu meistern versuchte. Das Gespräch verläuft ohne besondere Vorkommnisse, sodass die Mutter den Vater am Ende dann doch auf seine Heiratspläne anspricht. Dieser gibt sich beim ersten Mal ahnungslos; erst nach zweimaliger Nachfrage räumt der Vater ein, dass die neue Ehefrau Anfang Februar (!) in die Schweiz einreisen werde. Sie werde R. ab dann zu 50% betreuen.

Das befremdet die Mutter dann doch sehr, zumal ihre eigene finanzielle Situation sie seit Monaten um den Schlaf bringt – was auch der Beiständin bestens bekannt ist.

Die Zahlungen der Ergänzungsleistungen für ihren Sohn und sie waren mit der Begründung, sie müsse sich monatlich acht Mal bewerben, bereits 2017 so stark heruntergesetzt worden, dass sie keine andere Wahl mehr hatte, als sich zur Aufstockung des minimalen Grundbedarfs an den örtlichen Sozialdienst zu wenden; die Zahlungen der Ausgleichskasse (Ergänzungsleistungen) gingen ab da an den Sozialdienst, wo sie gegenverrechnet und mit dem für die Sicherstellung des Grundeinkommens notwendigen Betrag aufgestockt wurden. Ab August 2018 fand die Kindsmutter schliesslich eine Möglichkeit, die verlangten acht Bewerbungen regelmässig zu verfassen und diese wie verlangt der Ausgleichskasse zur Prüfung einzusenden. Die Anpassung der Verfügung erfolgte jedoch erst im April 2019 (s. weiter unten).

Die Mutter begehrt auf, fordert, dass der Vater nun endlich Unterhalt zu zahlen habe, da das Geld offensichtlich ja für eine Familienzusammenführung reiche. Die Beiständin ist überfordert, rät der Mutter jedoch, eine Abänderungsklage bei Gericht einzulegen.

Am Folgetag bekommt R. leider eine lautstarke telefonische Auseinandersetzung zwischen Mutter und Vater mit. Er merkt, dass sein „Geheimnis“ aufgeflogen ist und beginnt, sich erneut einzukoten. Die Mutter ist alarmiert, ist das Kind doch bereits neun Jahre alt. Sie kontaktiert umgehend die Kinderärztin, die ihr dringend psychotherapeutische Hilfe für R. nahelegt.

Bevor die Mutter für eine seit langem geplante (und dem Vater zuvor auch kommunizierte) Recherchereise Anfang Februar nach Äthiopien fliegt (der Vater hatte versprochen, R. in der Sportwoche nach Algerien zu seiner Familie mitzunehmen, hat aber auf Grund der Einreise seiner Ehefrau kein Geld mehr, so dass einmal mehr die Grosseltern einspringen und R. betreuen) organisiert die Mutter gemeinsam mit ihrem Vater einen ersten Termin bei einem Kinder- und Jugendpsychologen in der nahen Umgebung. Der Vater, der befürchten muss, sein kleines Geheimnis könne nun auffliegen, bezichtigt daraufhin den Grossvater, R. eigenmächtig zu einem Psychologen gebracht zu haben. Zudem gibt er – trotz anderslautender SMS-Nachrichten – vor, die Grosseltern würden ihm den Sohn vorenthalten.

Die Beiständin versucht zu vermitteln, macht aber keinerlei Anstalten, den Vater bei Nichteinhalten der gemachten Vereinbarungen in irgendeiner Weise zu sanktionieren.

Als die Mutter von ihrer Recherchereise aus Äthiopien zurückkehrt bemerkt sie, dass der zuständige Sozialdienst ohne triftigen Grund und ohne Vorlegen einer beschwerdefähigen Verfügung sämtliche Leistungen für sie und das Kind eingestellt hat. Zunächst glaubt sie, es handele sich um ein Versehen, hat sie doch unlängst eine Neuberechnung der Ergänzungsleistungen beantragt. Eine Nachfrage auf der Finanzverwaltung in Jegenstorf am 31. März 2019 fördert jedoch zutage, dass bislang noch keine neue Verfügung betreffs Ergänzungsleistungen ergangen ist.

Anfang April wird die mittlerweile völlig mittellose Mutter von einer Sozialarbeiterin kontaktiert, welche nachfragt, wovon sie eigentlich lebe. Die Mutter findet das eine gute Frage, ist jedoch bereit, für einen ersten Termin bis nach Ostern zu warten. Als sie dort eintrifft, moniert die betreffende Sozialarbeiterin, ihr Blindenführhund sei nicht ordentlich gekennzeichnet, obgleich anhand der Plakette leicht zu ersehen gewesen wäre, dass es sich um einen ausgebildeten Führhund handelt. Sie verweigert der Mutter den Zutritt, worauf diese erstmals aus der Haut fährt.

Mit Verfügung vom 18. April 2019 passt die Ausgleichskasse, gestützt auf die Arbeitsbemühungen der Kindsmutter, die Ergänzungsleistungen wieder an. Der Entscheid wird der Mutter jedoch erst nach dem geschilderten Termin am 23. April 2019 zur Kenntnis gebracht, da ihre Assistentin lediglich zweiwöchentlich zwecks Erledigung der Post vorbeikommt. Zumindest gewährt ihr der Sozialdienst am 7. Mai 2019 einen Überbrückungskredit von SFr. 3’000.–, mit dem sie zumindest einige der angefallenen Rechnungen bezahlen kann. Das restliche Geld, welches von der Ausgleichskasse ab November 2018 nachgezahlt wird, behält der Sozialdienst zur Gegenverrechnung ein.

So sieht sich die Mutter nun doch genötigt, am 1. Mai 2019 eine Abänderungsklage beim Regionalgericht einzureichen, um endlich Unterhalt vom Kindsvater einfordern zu können.

Wohl wissend, dass ein gemeinsames Kind eine Ausweisung der lediglich provisorisch aufgenommenen Ehefrau verhindern würde, hat dieser in der Zwischenzeit Nägel mit Köpfen gemacht. Man rechne: Die gemeinsame Tochter wird Anfang November 2019 geboren, die Ehefrau ist Ende Januar bzw. Anfang Februar eingereist.

Ebenfalls in dieser Zeit vertieft der Vater seinen Kontakt zu einem Ägypter Namens Hani S., selbst Vater eines 9jährigen Sohnes. Weil die Kindsmutter dessen Exfrau kennt weiss sie, dass dieser Mann sie über Jahre hinweg terrorisiert, gestalkt und mit Falschanzeigen eingedeckt hat, um über das gemeinsame Kind die Beziehung zu deren neuem Lebenspartner zu zerstören. Die Kindsmutter bittet daher den Vater, diesen Kontakt künftig zu unterlassen, zumal sie befürchten muss, dass Herr S. R. als Mittel zum Zweck für seine eigenen Pläne missbrauchen könnte.

Währenddessen läuft die Therapie beim Psychologen weiter; bald beginnt R., diese zu verweigern, und der Vater torpediert die Bemühungen mit Lügen, Manipulationen und Nichterscheinen zu Terminen. Schliesslich sieht sich Dr. Schönfeld gezwungen, die Therapie abzubrechen. Obgleich er über die Krankenkasse mehrere Tausend Franken für Therapiestunden abgerechnet hat weigert er sich, einen Abschlussbericht zu verfassen.

Inzwischen eskaliert zu Hause bei der Kindsmutter die Lage: R. beginnt, sie physisch zu attackieren, wegzulaufen, Anordnungen zu verweigern und sie massiv verbal herabzusetzen. Gleichzeitig kotet er sich weiterhin ein, wenn der Stress zu stark wird.

Als die Kindsmutter erfährt, dass R. auch dem Kinderpsychologen gegenüber gesagt hat, er wolle lieber beim Vater leben, lässt es diese auf ein Experiment ankommen. Sie weiss, dass das Gras auf der anderen Seite des Zauns oft nicht grüner ist als zu Hause und hofft deshalb, die Lage so zu entspannen. Alle vorherigen Bemühungen, den Kindsvater gemeinsam mit der neuen Ehefrau an einem Tisch zu treffen und die künftige Betreuungssituation zu besprechen, waren vom Vater ignoriert worden.

Anfang Juni 2019 teilt die Kindsmutter ihren Entschluss, dass R. doch zur Beruhigung der Situation eine Weile beim Vater wohnen soll, der Beiständin mit. Diese hatte sich seit Februar nicht mehr um die Angelegenheit gekümmert, obgleich sie wusste, dass der Vater Vereinbarungen nicht eingehalten hatte bzw. dass die finanzielle Situation der Mutter weiterhin ungelöst geblieben war.

Zwei Wochen hatte R. bei seinem Vater verbracht, als wir an zwei aufeinanderfolgenden Tagen notfallmässig vom zuständigen Schulsozialarbeiter darüber informiert wurden, R. sei auf dem Schulhof regelrecht ausgerastet, auf andere Schüler losgegangen und jetzt nicht mehr zu beruhigen. Zwei Mal holten die Grosseltern und ich das Kind ab, behielten es einstweilen bei uns und verlangten eine Aussprache mit dem Vater, die er aber verweigerte.

Nun beginnt der Vater, bei der Beiständin darüber zu klagen, ich enthielte ihm das Kind vor. Diese lädt uns am 26. Juni 2019 zu einem Termin zwecks Besprechung des Beistandschaftsberichts auf den Sozialdienst ein. Wohlweislich gehe ich dort nicht mehr allein hin, sondern lasse mich von R.s Grossvater begleiten.

Die Beiständin scheint ihre Meinung zur Situation gemacht zu haben: Der Vater wird als das arme Opfer, ich als die böse, eifersüchtige Ex dargestellt, die dem jungen Liebesglück im Weg zu stehen droht. Als sie dann – in vollkommen unschuldigem Tonfall – auch noch anfängt, mir „dauernde Erschöpfungszustände“ vorzuhalten, raste ich erneut aus. Ich beschimpfe sie, hebe den Tisch an und lasse mein Mobiltelefon darauf knallen. Dass es derselbe Sozialdienst ist, der mir seit Monaten ohne triftigen Grund die Gelder vorenthält und dass mir dies nun als Zeichen meiner Unfähigkeit, für R. zu sorgen, vorgehalten wird, ist mehr, als ich ertragen kann.

Den für den Folgetag geplanten Termin mit R. lässt die Beiständin ohne Rückmeldung an mich, die R. hätte bringen sollen, platzen. Stattdessen besucht sie die neue Familie in Bern und zeichnet hernach in ihrem Beistandschaftsbericht vom 5. Juli 2019 ein Bild eines wahrhaften Familienidylls, das von einer Mutter mit einer hohen Impulsivität bedroht sei. Sie empfiehlt, nachdem sie R. in der Wohnung des Vaters befragt hat, diesem die Obhut zuzusprechen.

Dies nimmt die Gegenanwältin gleich als Vorwand zum nächsten Gegenschlag: Obgleich die Scheidungsvereinbarung vom 30. April 2016 klare Richtlinien für Auslandaufenthalte vorsieht, stellt sie ein Gesuch um superprovisorische Massnahmen, damit die Familie, welche mehrere Auflagen nicht erfüllt hat, doch noch nach Algerien fliegen kann. Wir reichen ein Gegengesuch ein, doch zu unserer grenzenlosen Fassungslosigkeit genehmigt die zuständige Gerichtspräsidentin das superprovisorische Gesuch und zwingt mich, R. am 19. Juli 2019 mitsamt seinem Schweizer Pass (!!!) nach Algerien fliegen zu lassen. Im Wissen darum, dass dieselbe Gerichtspräsidentin das weitere Verfahren leiten wird, beuge ich mich der Anordnung.

Zwei Wochen (!) höre ich nichts von R.. Schliesslich rufe ich voller Sorge den Bruder an, worauf mich R. noch am selben Abend zurückruft. Danach folgen zunehmend feindselige Nachrichten über WhatsApp. Ich werde mir immer bewusster dass mir mein Kind zu entgleiten droht.

Trotzdem räume ich einen Tag vor R.s Ankunft sein gesamtes Zimmer auf; ich möchte, dass er gut ins nächste Schuljahr starten und wir nach all dem Stress einen gemeinsamen Neuanfang machen können. Doch es kommt alles ganz anders: 40 Minuten nach dem vereinbarten Übergabezeitpunkt erreiche ich R., der mir sagt, er und sein Vater seien auf dem Weg. Vor dem Haus weigert sich mein Sohn auf einmal, ins Haus zu kommen, indem er Angst vor mir und seinem Grossvater vorschützt. Ich versuche, die Situation im Gespräch zu regeln, doch zu guter Letzt sehen wir uns gezwungen, R. mit seinem Vater ziehen zu lassen. Es ist das letzte Mal, dass R. an seinem bisherigen Wohnort gewesen ist.

Ich breche zusammen: Meine schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet, und ich kann nichts dagegen unternehmen. Um ein Uhr Nachts rufe ich den Notdienst an, nachdem ich zunächst den Cognac-Vorrat in der Küche und danach die Medikamente im Bad geplündert habe. Ich will nicht sterben, aber ich will einfach nur noch, dass dies endlich aufhört…

Mittlerweile hat der Vater sein Ziel erreicht: Mein Sohn hasst mich, beteuert Jedem gegenüber, dass er mich nicht mehr sehen will. Die Aufenthaltsgenehmigung für die neue Ehefrau ist mit der Geburt der gemeinsamen Tochter gesichert. Nun stellt sich noch die Frage danach, wovon die junge Familie künftig leben will, doch auch dafür ist vorgesorgt: Dank der Tatsache, dass R. einen Schweizer Pass besitzt, kann die Familie Djellal aus Bern jetzt künftig unbegrenzt Sozialhilfe beziehen, ohne dass sich dies auf die Aufenthaltsbewilligungen des Vaters, der neuen Ehefrau und des neugeborenen Kindes auswirken würde. Die Kinderrechtskonvention sowie Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention schützen die Einheit der Familie, und jede Schweizer Migrationsbehörde wird wohl darin übereinstimmen, dass es einem Schweizer Bürger wie R. nicht zuzumuten sei, künftig in Algerien zu leben. Zwar garantiert die Kinderrechtskonvention auch das Recht eines Kindes, mit beiden Elternteilen aufwachsen zu dürfen, aber in meinem Falle ist dies ja nun keine Frage mehr. Zum „Wohl“ von R. schlägt der Gutachter zu Ende seines „Fachgutachtens“ ja auch noch vor, mir das Sorgerecht zu entziehen. So kann Art. 298 ZGB – gesetzt der Fall, das Verfahren wird so weitergeführt, wie es in den vergangenen Monaten der Fall war – praktischerweise gleich noch zur kompletten „Entsorgung“ der lästigen, weil hinterfragenden Kindsmutter herangezogen werden.

23. Mai 2020 / Annelies Djellal

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