08.03.2021 (Morgen)

Ganz ehrlich? Dieses Wundenlecken und Schuld-abschieben meiner korrektlinken Kontakte auf Facebook heute Morgen geht mir tierisch auf die Nerven! Auch ihr Gezeter, dass all jene, die die Burka-Initiative Gestern angenommen haben, auf das rechtsextreme Egerkinger Komitee hereingefallen seien, ist nicht nur lächerlich, da unwahr, sondern auch in höchstem Masse übergriffig. Damit sprechen sie nämlich all denen, die das Burkaverbot nicht aus fremdenfeindlichen Motiven angenommen haben, de fakto ihr Urteilsvermögen ab. Das Ist natürlich bequemer, als einmal selbst den Blick in den Spiegel zu wagen. Schon klar.

Aber es gibt sie, diejenigen im Nein-Lager, die das Signal durchaus verstanden haben, und interessanterweise sind auch sie keine Bioschweizer. So resümierte Beispielsweise Jasmine El-Sonbati, gläubige Muslima und Lehrerin, im Schweizer Radio, dass nun eine klare Distanzierung der moderaten Muslime gegenüber extremistischen Strömungen notwendig sei, um das offenkundige Unbehagen auszuräumen. El-Sonbati hatte sich im Fall des Therwiler Schülers, der seiner Lehrerin den Händedruck verweigert hatte, ebenfalls unmissverständlich geäussert: „Der Händedruck ist für mich nicht verhandelbar.“

Ja, ich denke, El-Sonbati hat die Zeichen der Zeit erkannt. Auch traditionell liberale Menschen wie ich lassen uns von der Linken mit ihrem Geschrei über Rassismus nicht länger unbegrenzt in Geiselhaft nehmen. Wir sind durchaus in der Lage, selbständig zu recherchieren, und wir sollten uns inskünftig auch trauen, uns zu äussern, wenn wir im interkulturellen Kontakt auf Situationen stossen, in denen unser Bauchgefühl ganz klar signalisiert, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt.

Wie gestern Nachmittag zum Beispiel. Gemeinsam mit einer aus Eritrea stammenden Übersetzerin war ich bei einem Schweizer Ehepaar eingeladen, das seit acht Monaten eine junge, abgewiesene Mutter mit ihrer kleinen Tochter beherbergt. Kostenfrei, versteht sich, und der Lebensunterhalt wird – weil sich der Berner Sicherheitsdirektor strikte weigert, die Nothilfe auch an Menschen, die in Privathaushalten untergebracht sind, auszuzahlen – von einem regionalen Verein bereitgestellt.

Das ist eine Konstellation, wie wir von der Aktionsgruppe Nothilfe sie uns eigentlich wünschen würden. Genau dafür kämpfen wir seit unserer Gründung. Wäre da nicht der Vater des Babys, ein anerkannter Flüchtling, der in der Westschweiz lebt und dort zu 100% Arbeit hat. Ersieht überhaupt nicht ein, weswegen er die Kindsmutter entweder heiraten sollte, um dadurch den Status seiner Tochter wie auch der Kindsmutter zu legalisieren, noch will ihm einleuchten, weswegen erzwecks Nachweis des Vater-Kind-Verhältnisses, welches zur Legalisierung zumindest des Kindes erforderlich wäre, monatlich Unterhalt bezahlen sollte. Er empfindet sich gar als ausgesprochen grosszügig, wenn er der Mutter ab und zu ein bisschen Geld von den Kinderzulagen, die er mit Hilfe einer Vaterschaftsanerkennung des Zivilstandsamtes zu beantragen sich aber dann doch nicht zu schade war, abgeben sollte. Auf die Frage, was denn der Grund hinter seiner zurückhaltung sei, versuchte er uns nach einer Stunde Herumdrucksen glauben zu machen, er müsse seine kranken Eltern im Herkunftsland unterstützen. Wie viele seiner Landsleute tun genau das und kümmern sich trotzdem um ihre Familien! Ich persönlich kenne zig Beispiele.

Das Frustrierendste an der ganzen Geschichte ist aber, dass die Kindsmutter nun ebenfalls ganz selbstverständlich damit einverstanden ist, dann eben in ein Rückkehrzentrum zu gehen. Die Sache mit Hilfe einer Anwältin vor Gericht auszutragen, sodass zumindest monatliche Unterhaltsbeiträge für das Kind geschuldet wären, sieht sie nicht ein.

Wir haben die Entscheidung auf Montag in einer Woche vertagt. Dann wird sich herausstellen, ob unser aller Zureden (nota Bene auch von Seiten der Übersetzerin, welche die Situation eine Katastrophe findet), erfolg zeitigen wird. Ich selbst bin skeptisch, plädiere dann aber ganz klar dafür, dass sowohl die Schweizer Familie wie auch der Unterstützungsverein Konsequenzen ziehen und das Engagement beenden müssten. Das klingt sehr hart, sind doch auch hier dann die Mutter und ihr Kind die Hauptleidtragenden. Doch es kann nicht angehen, dass die Gutmütigkeit von Freiwilligen Und Spender*innen mit solch frauenverachtenden Konstellationen, welche, beendet man sie nicht eines Tages konsequent, sich nota Bene wie bei allen destruktiven Abhängigkeitsverhältnissen, endlos hinziehen werden, über sämtliche Grenzen hinweg strapaziert wird. Würde ich dem Schweizer Ehepaar zur Fortführung der privaten Unterbringung unter den bisherigen Bedingungen raten, dann wäre auf Dauer nur eins gewiss: Uns ginge damit eine wunderbare Gastfamilie verloren, die ihr Haus nie wieder für ein gleichgelagertes Projekt öffnen wird. Deshalb ist meine Haltung eindeutig: Eine Entscheidung der Kindsmutter innert Frist abwarten, diese dann aber auf jeden Fall und mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen zur Kenntnis nehmen.

Dies ist meiner Ansicht nach auch die Botschaft der Abstimmenden, die Gestern für die Burka-Initiative gestimmt haben. Bei den wenigsten haben rein fremdenfeindliche Motive überwogen. Aber die Grenzen dessen, was Menschen bereit sind, im eigenen Haus zu tolerieren, sind nicht beliebig ausdehnbar. Klar menschen- und frauenverachtende Praktiken hat unsere Gesellschaft unseren Müttern und Grossmüttern sei Dank überwunden, und es gibt keinerlei Gründe dafür, hierbei irgendwelche Zugeständnisse zu machen, indem man sie durch die Hintertür wieder einführt.  

der Weg zur Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ist in der Schweiz noch lang; noch immer sind gleiche Löhne für gleiche Arbeit nicht selbstverständlich. Noch immer erhalten Opfer von häuslicher Gewalt oft nicht die erforderlichen Hilfestellungen, weil schlicht das Geld fehlt, und noch immer tragen allein erziehende Mütter oder alleinstehende Rentnerinnen ein Xfach höheres Armutsrisiko als Frauen, die in Partnerschaften leben. All das muss sich ändern, aber wir kommen nicht weiter, indem wir aus einem Reflex von Gutmenschentum und Schuldgefühl heraus mittelalterliche Rollenbilder und Praktiken nur deshalb dulden, um uns nur ja nicht dem alles vernichtenden Rassismusvorwurf auszusetzen.

In diesem Sinn, liebe Mitstreiterinnen, wünsche ich uns Allen einen besinnlichen Weltfrauentag!

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